Dienstag, 5. August 2014

Der Kahn der fröhlichen Leute

Am Dienstagabend war das Elbe-Saale-Camp mit dem DEFA-Kinofilm "Der Kahn der fröhlichen Leute" (DDR, 1950) zu Gast in der Barbyer Johannes-Kirche. Der Einladung zum Filmabend folgten fast hundert Leute. Das Interesse war sicher auch der Tatsache geschuldet, daß die Barbyer Elbebrücke einige male in Großaufnahme zu sehen war und überhaupt der Film voller Schiffahrtsromantik war.

Die Progress-Filmillustrierte. Der letzten Absatz des
Textes hat schon etwas sehr prophetisches.


Vor Beginn des Film stellte Jutta Röseler die Geschichte des Films vor und auch die des Autors des dem Film zugrundeliegenden Buches.
Das wurde bereits 1933 von Jochen Klepper geschrieben und handelte vom Leben an der Oder. Der Autor hatte ein viel weniger glückliches Leben als das seiner Figuren. Wegen seiner jüdischen Ehefrau und der Mitgliedschaft in der SPD bekam er zunächst Berufsverbot. Seiner jüngeren Stieftochter Brigitte gelang 1939 noch die Emigration nach England, seiner älteren Stieftochter Renate wurde 1940 die Ausreise in die Schweiz verweigert. 1942 sollten seine Frau Johanna und seine Stieftochter deportiert werden. Wegen der drohenden Deportation begingen Jochen, Johanna und Renate Klepper am 10. Dezember 1942 gemeinsam Selbstmord. Ihr Grab ist auf dem Friedhof Nikolassee in Berlin.

Jutta Röseler berichtete aber auch, daß es nicht ganz einfach war, den  Film überhaupt zu bekommen. Während man den anderen an der Elbe spielenden und teilweise in Barby gedrehten Film, "Feuer unter Deck" mit Manfred Krug in einer der Hauptrollen, als DVD kaufen kann, war "Der Kahn der fröhlichen Leute" nur schwer zu bekommen. Letztlich half eine Anfrage bei der Stiftung, die die Filme des Progress-Filmverleih aufbewahrt, wo sie gegen eine relativ hohe Leihgebühr eine Kopie auf DVD bekam (was die Gebühr betrifft: erstens hat sich der Aufwand auf jeden Fall gelohnt und zweitens halfen die Spenden der Kinobesucher, die Gebühr wieder hereinzubekommen).

Der Schwarzweißfilm aus dem Jahr 1950 zeigte in sehr original wirkenden Bildern das Leben von Schiffsleuten auf der Elbe, natürlich auch verbunden mit einer Liebesgeschichte. Hauptfigur ist Marianne, Tochter eines Schiffers, die nach dem Tod des Vaters dessen Lastkahn weiterführen möchte. Nur ist sie noch nicht mündig (ja, so etwas gab es früher) und darf den Kahn nicht fahren. Hilfe kommt in Form eines Onkels aus Hamburg, der Inhaber der nötigen Papiere ist – sich aber nur mit Segelschiffen auskennt. Also wird ein Maschinist gebraucht. Zu dumm nur, daß es zwischen Marianne den in sie verliebten Schiffsmechaniker Michael so oft kracht, daß er das Schiff verläßt...


Hier sind ein paar Bilder aus dem Film:

Frau am Steuer (MArianne mit ihrem Onkel) – das
war damals sicher ungewöhnlich.
Niedrigwasser
Eine Frau, die sich eine Zigarre aussuchen darf – in
den 50er Jahren sicher ein ungewohnt
freizügiges Symbol
Und ein Bier durfte es auch sein, und damit
war Marianne in die Gemeinschaft der Schiffer
aufgenommen

Der Film klingt aus mit dem langsam auf der Elbe dahintuckernden Kahn. Und einem interessanten Blick zurück: man sieht eine Elbe voller Sandstrände. Und einen zweiten Gedanken könnte man hinterherschieben: Der Film wurde bei starkem Niedrigwasser gedreht (wie an den Brückenpfeilern zu sehen ist) – dennoch fahren anders als heute auf der Elbe Lastkähne.


Ein paarOriginalfotos aus dem Film, leider nicht von der Elbebrücke, gibt es unter http://flimmerkiste.bplaced.net/kahn_fr_leute.htm, und dort unter "Bilder-Gallerie".

Nachtrag: Einen Bericht von Thomas Linßner von der Schönebecker Volksstimme können Sie hier nachlesen.

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